Eine Sub mit herz im interview, hier.

Welche Neigung hast du?
Ich bin submissiv mit stark ausgeprägten Brat Zügen.

Wie lange betreibst du BDSM schon?
Vor 21 Jahren bin ich durch Zufall „entdeckt“ worden. Damals habe einen Fotojob
für einen Fetisch Shop gemacht. Der Fotograf war ein erfahrender Dom in der
Szene, was ich nicht wusste. Ich war vom Set, den Spielzeugen und den Klamotten
sehr fasziniert und angefixt. Die einzelnen Storyboards haben mich derart in ihren
Bann gezogen und mir fiel es nicht schwer mich in die geforderten Stimmungen zu
bringen, die er von mir erwartet hat um das passende Bild zu bekommen.

Er erkannte mein Potenzial, wie er mir später erzählte, und nahm mich in seine
Hände. So begann mit 19 Jahren meine Reise ins BDSM.

Wie hast du bemerkt, dass du BDSM brauchst in deinem Leben?
Mit meinem ersten Herrn, bin ich Jahre durch eine harte, aber sehr gute Schule
gegangen. Er hat mir den Weg geebnet damit sich meine Türen öffnen und ich
Rückschlüsse ziehen konnte, warum ich manche „gewaltvollen“ Phantasien oder
„komischen“ Verhaltensweisen hatte.

Als er mich nach fast 8 Jahren freigegeben hat, war das wie ein innerlicher
Bruch. Mir fehlte ganz viel, ich fühlte mich leer und sehnte mich nach Führung
und Erziehung und dieser einen harten und liebevollen Hand.

Seit Beginn dieser Herrschaft schreibe ich mein persönliches BlackBook. In diesem
Buch reflektiere ich mich. Schreibe Gedanken und Erlebtes nieder. In der Zeit ohne
Herrschaft las ich immer wieder in die Vergangenheit und entdeckte im Lesen meine
Sehnsucht und Erfüllung im BDSM. Ich fand liebevolle Worte für mich als Sub,
Wertschätzung und Entwicklung in meinem Sein im Kontext mit BDSM. Spätestens
jetzt hatte ich es klar auf dem Schirm, dass ich zwar ohne leben kann – aber nicht
sein. BDSM ist kein Kick, sondern meine Sexualpräferenz, meine Neigung.

Was gehört für eine gute Session einfach dazu?
Mein oberstes Gebot für eine Session ist SSC!
(S-Safe-sicher S-Sane-gesund C-consensual-einvernehmlich)
Ansonsten bestehen meine Pfeiler aus Sympathie, Vertrauen, Vertrautheit und
seine Dominanz. Spielzeug ist nur Beiwerk und alles andere entscheidet die
Dynamik.

Kannst du auch in einer Session lachen oder eher nicht?
Auf jeden Fall! Ich finde, eine Session sollte nicht nur von Ernsthaftigkeit geprägt
sein. Wir sind immer noch Menschen, Menschen die in Beziehung zueinander und
miteinander stehen. Ich bin Demi-Sexuell. Was ja die Emotion zu meinem Spielpartner
oder Herrn klar dominiert bzw. eine Grundvoraussetzung ist um überhaupt in eine
mögliche BDSM Beziehung zu finden.

Ich kann mich an viele Situationen erinnern, welche lustig waren und bei aller Liebe
und Konzentration finde ich es gut und wichtig auch mal zu Lachen.

Eine Session streng nach Drehbuch finde ich weniger erotisch. Ist es nicht die
Dynamik welche es spannend macht? Das unvorhergesehene was uns näher zusammenbringt?
Was uns fordert und unterm Strich unsere Aufmerksamkeit
schult? Die  Aufmerksamkeit für mein Gegenüber, egal auf welcher Seite wir
stehen?  Lachen ist ein ehrlicher Impuls – etwas was verbindet.

Natürlich ist der Kontext wichtig. Wenn ich als Brat agiere, herausfordere, mich
wiedersetze und lache, versteht es sich von selbst, dass ich es aus einem anderen
Antrieb tue.Wenn sich aber zum Beispiel Handschellen wie von Zauberhand wieder
öffnen, ich kitzelig bin oder mich von einem warmen Blick getriggert fühle und mit
einem Lächeln antworte. Dann soll es so sein.

Bist du Bi-Sexuell?
Im BDSM ein klares Ja! Das war auch nicht immer so. Ich erinnere mich so gerne
an SIE.
Sie war damals für mich wunderschön und hat mich optisch wie menschlich
wahnsinnig
gereizt. Mit meinem Herrn war ich auf einer Szene Party und ich weiß
noch genau wie es
sich anfühlte als ich an ihr vorbeiging. Mein Geist war wie
gefesselt von ihr und es war
wir egal ob sie der dominante oder devote Part war.

Natürlich macht es mich an, wissentlich dass es auch meinem Herrn gefällt eine
weitere Sub zu bespielen während wir uns miteinander begnügen dürfen und sollen.

Im echten Leben finde ich Frauen attraktiv aber nicht sexuell ansprechend, als
dass ich
mich Bi-sexuell benennen würde.

Bist du Szenegänger?
Früher als ich noch in NRW gelebt habe, bin ich regelmäßig zu Stammtischen
gegangen, habe mit meinem Herrn Clubs und Partys besucht.  Nach dieser
Herrschaft war ich alleine unterwegs, aber nicht sehr lange. Alleine habe ich
mich nicht immer sehr wohl in meiner Haut gefühlt, eher wie zu einer
Fleischbeschauung und teilweise „ausgeliefert“.

Seit meiner Rückkehr nach MV hat es sich massiv ausgedünnt. Im ländlichen
Raum passiert nicht so viel. Mir war es immer wichtig im Thema zu bleiben,
Meinetwegen. Daher bin ich in den sozialen Netzwerken für Fetisch sehr aktiv
und schreibe seit Jahren mein BlackBook.

Was macht für dich den Reiz aus im BDSM?
Das Hineingreifen in mich und meine Seele.

Was gibt dir BDSM, was Kuschelsex nicht gibt?
Ganz platt: Sex/Kuschelsex könnte ich mit jedem x-beliebigen Menschen haben.

BDSM ist so viel tiefer! Mich einem Menschen anzuvertrauen, mich in seine
Hände zu geben, wissentlich dass er mich an meine Grenzen, und darüber
hinausbringt. Immer meine Lust stimulierend und seine eigene Anzutreiben
um mit harten Methoden gemeinsam zum Höhepunkt zu kommen.

Die Komponenten: Hingabe, Vertrauen, „Leiden“schaft erfüllen mich mit
höchster Erotik. Zu sehen wie meine Hingabe das Feuer in seinem
Blick entfacht, auch seinen Körper in Erregung bringt. Einen Herrn/Spielpartner
an meiner Seite zu wissen, der mich trägt und führt…. Bei dem ich meinen Kopf
ausschalte und fliege… mehr geht nicht.

Als Masochistin ist Kuschelsex einfach nicht das was mich mittel- bis langfristig erfüllt.

Hast du einen besonderen Fetisch?
Beißen, rope marks, floggern, spanken, Blut – Masochismus

Wenn du die devote Rolle einnimmst, stehst du auf Schmerzen?
Oh ja, sehr sogar. Ich bin definitiv masochistisch und ich habe im Laufe der
Jahre einen Stolz entwickelt der mich immer ein Stück über meine Grenzen
gehen lässt. Beißen ist dabei der animalischste Reiz. Dieses Brennen und
ziepen… hach- ich liebe es! Aber auch die Schläge mit der Peitsche/dem
Flogger lassen mich innerlich beben. Wobei es hier auch Grenzen in
unterschiedlichen Schlaginstrumenten gibt. Erfahrungswerte, die sich so
negativ eingebrannt haben, auf die ich gerne verzichtet hätte.

Was ist für dich ein absolutes No-Go in einer Session oder im BDSM?
Ich selbst musste leider die Erfahrung machen, dass es Menschen gibt die
sich gut verkaufen können und bereit sind zu manipulieren. Absprachen sind
beiderseitseinzuhalten und Safe Wörter unbedingt zu akzeptieren.

Wer AfterCare für Zeitverschwendung hält ist bei mir fehl am Platz. Ebenfalls
entlockt mir Distanziertheit, verbunden mit Anweisungen, maximal ein müdes
Gähnen.

Was lässt dich als devoten Part fliegen?
Vorausgesetzt die Bindung und emotionale Ebene stimmt, ist das simpel.

Wenn er weiß wie, reichen schon Kleinigkeiten aus um mich ganz abartig zu
triggern -Beißen, Küssen, hart anfassen, Stimme einsetzen, und besondere
Worte. Ja, ich habe magische Worte, welche mich sofort in die Spur bringen.
Aber diese gehören mir und meinem Spielpartner und/oder Herrn zwinker

Ich mag das Wechselspiel aus Nähe und Distanz. Aus absoluter Dominanz
und zarter liebevoller Fürsorge. Eine Kombination aus „ich mach dich mit den
Dingen die du magst so geil… aber kommen darfst du erst nachdem ich dich
benutzt habe und dir sage, „jetzt darfst du! …“

Wenn ich mich gefordert und gewollt fühle… und die Lust unermesslich
ansteigt, verliere ich das Gefühl für Raum und Zeit – Abflug!

Ein kleiner, aber wichtiger, Indikator ist mein Rope Baby. Ein Sisal Seil welches
ich schon viele Jahre besitze. Ein kleines Seil, welches für mich viel Magie besitzt.
Es beschützt mich, fährt mich runter und lässt mich, wenn es um meinen Hals oder
meine Handgelenke gelegt ist, unbesiegbar sein. Ein Gefühl welches ganz tief geht
und mich an einen Ort bringt der nur mir und meiner perversen Lust gehört.

Glaubst du, BDSM kann eine Art Therapie für jemanden sein?
Auf gar keinen Fall. Da in meiner Welt BDSM bzw. die D/S Beziehung ganz klar
eine sexuelle Präferenz ist und kein 12 Monats Abo mit Sonderkündigungsrecht,
erwarte ich von jedem, dass er eine gefestigte Persönlichkeit hat und bei Sinn
und Verstand ist. Alles andere erachte ich als grob fahrlässig und gefährlich.

Würdest du für deinen Dom alles machen, was er verlangt?
Definitiv nein. Ich bin eine Sub, die sich gerne unterordnet und führen lässt.
Bin ich in den richtigen Händen gut geführt ist es durchaus möglich, dass
Grenzen sich verschieben und ich innerhalb der Dynamik des Gefallens,
meine intrinsische Motivation gesteigert ist Dinge zu tun, die ich vorher noch
ausgeschlossen habe.

Wie stehst du zu Vorurteilen, die viele gegenüber BDSM haben,
und wie würdest du dieses entkräften?
Manchmal nervt es mich, aber mit zunehmendem Alter sehe ich dieses
Halb- oder Nichtwissen gelassener. Denn ich weiß was Außenstehende
nicht sehen: dass zu einer BDSM Beziehung extreme Verantwortung und
wahnsinnig viel Kommunikation & Einfühlungsvermögen gehören.

Welches BDSM Klischee geht dir besonders auf die Nerven?
„Du leidest doch an einem Kindheitstrauma! Irgendwas muss doch in
deiner Kindheit falsch gelaufen sein“

Die bloße Annahme bedeutet nichts anderes als: Wer BDSM macht,
ist krank. Diese Aussage ist zutiefst diskriminierend und schlichtweg falsch!

Warum deiner Meinung nach glauben so viele,
dass BDSM nur aus Gewalt besteht?
Für mich auf den Punkt gebracht: Weil sie sich für den falschen Porno-Server
entschieden haben. Oder Filme wie Fifty Shades of Grey die Hauptkomponente
auf seelischen Missbrauch ausrichten. Weil Ohrfeigen nicht gleich Ohrfeigen sind.
Und Rough Sex nicht gleich Vergewaltigung ist.

Wir sprechen von sexuellen Präferenzen und Neigungen.

BDSM Touristen, landen meist auf Pornoseiten welche in 2:30 Min einen Fetisch
von vielen, kompakt und in gänzlicher Perversität sehen. Die Komplexität des
BDSM werden sie hier und in Filmen wie 365 Days oder im sop oft erwähnten
Fifty Shades of Grey nicht erfahren.

Dieser subjektive Eindruck kann verstörend und zu solch einer Denkweise
führen, muss aber nicht – manche Menschen sind einfach sehr beschränkt
in ihrem Horizont. Was anders ist, macht Angst.

Hast du ein Lieblingszitat?

  1. Perversität liegt immer im Auge des Betrachters.
  2. „Du darfst mir jedoch erst Striemen machen, wenn du sicher bist, dass du mich willst.
    Weil sie Spuren einbrennen in meine Seele, die nicht mehr zu löschen sind und dort bleiben,
    wenn sie am Körper nicht mehr zu sehen sind, und die aufgefangen werden müssen von
    deiner Verbundenheit zu mir.“

(Zitat: Eva B. „Mit dem Schmerz gehör ich Dir – Bekenntnisse einer Masochistin“, Seite 174)

Was würdest du unseren Lesern und Anfängern gerne mit auf den Weg geben?
Liebt euch selbst und passt auf euch auf!

Vielen lieben Dank das du einem Interview zur Verfügung standest.
Ich wünsche dir alles liebe und Gute auf deinnem BDSM-Weg.
Bis dahin.